Wer Grundsicherungsleistungen haben will, muss ein teures Auto grundsätzlich vorher verwerten. Wie dabei das Zusammenspiel der Freibeträge abläuft, hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) in einem aktuellen Beschluss beleuchtet.
Geklagt hatte ein 58-jähriger Geringverdiener. Vom Geld seiner Eltern hatte er sich vor fünf Jahren einen riesigen Pick-Up Truck, Ford F 150, US-Import für 21.000 € gekauft.
Das Jobcenter lehnte die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen ab, da der Mann nicht hilfebedürftig sei. Er müsse vorhandenes Vermögen in Form des Autos zunächst verwerten. Nach eigenen Internetrecherchen des Jobcenters und dem Angebot eines örtlichen Gebrauchtwagenhändlers sei von einem Wert von 20.000 € auszugehen.
Das LSG hat das Jobcenter im Eilverfahren vorläufig zur Leistung verpflichtet. Die Freibeträge zur Hilfebedürftigkeit würden nicht überschritten. Zum Erhalt der Mobilität zur Arbeitsaufnahme gelte ein seit Jahren unveränderter Kfz-Freibetrag von 7.500 €. Hinzu komme ein Vermögensfreibetrag, der mit zunehmendem Alter ansteige und bei dem Kläger 9.300 € betrage. Da außer dem Auto kein weiteres Vermögen vorhanden war, hätte der Kläger nur verkaufen müssen, wenn der Wert 16.800 € übersteigen würde.
Die Berechnung des Jobcenters konnte das Gericht nicht nachvollziehen, da der Gesamtfreibetrag selbst bei einem jährlichen Wertverlust von nur 5 % durch Alter und Laufleistung unterschritten werde. Auch die vom Jobcenter beantrage richterliche Inaugenscheinnahme des Autos brachte keine anderen Erkenntnisse. Vielmehr beanstandete der Senat, dass bei solch unterschiedlichen Einschätzungen bisher kein Wertgutachten eingeholt wurde. Da im Eilverfahren nur geschätzt werden könne, sei dies im Hauptsacheverfahren nachzuholen.
„Die Wertermittlung von Autos ist ein nüchterner Rechenvorgang ohne soziale Missbilligung“, erläutert Pressesprecher Carsten Kreschel. „Hätte der Kläger einen Golf für 7.500 € in der Garage und 9.300 € auf dem Konto, wäre seine Bedürftigkeit nie angezweifelt worden.“
Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 16. Mai 2019 – L 11 AS 122/19 B ER