Verkehrsunfall – Fiktiver Nutzungsausfall trotz Mietwagen möglich?

9. Januar 2023

Schwelm/Berlin (DAV). Der Geschädigte kann nach einem Verkehrsunfall Anspruch auf Nutzungsausfall oder einen Mietwagen haben. Er kann aber auch eine Entschädigung wegen Nutzungsausfall verlangen, wenn er zuvor Mietwagenkosten in Rechnung gestellt hat.

Er hat insoweit eine Wahlfreiheit, auch dann Nutzungsausfall zu verlangen, wenn er einen Mietwagen genommen hat. Dies vor der Entscheidung des Amtsgerichts Schwelm vom 10. Dezember 2020 (AZ: 25 C 104/20), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.

Die Haftung nach dem Verkehrsunfall war eindeutig. Der Geschädigte wollte seinen BMW reparieren lassen. Das Fahrzeug war der Dienstwagen für den Geschäftsführer der Halterin. Im Gutachten wurde eine Reparaturdauer von sieben Arbeitstagen angegeben. Tatsächlich dauerte die Reparatur 24 Tage. Die Halterin mietete ein Fahrzeug und stellte die Mietwagenkosten in Höhe von gut 1500 € in Rechnung. Bezahlt wurden tatsächlich gut 350 €. Anderthalb Jahre später machte die Klägerin Nutzungsausfallentschädigung geltend – in Höhe von knapp 1900 € – abzüglich der gezahlten gut 350 €. Sie war der Meinung, dass sie trotz der Abrechnung des Mietwagens immer noch die Wahl hätte, Nutzungsausfall geltend machen zu können.

Die Klägerin war erfolgreich. Nach Auffassung des Gerichts hatte sie ihre Wahlfreiheit – Nutzungsausfall oder Mietwagenkosten – nicht dadurch verloren, dass sie einen Mietwagen genommen und dies auch schon abgerechnet hatte. Hierzu das Gericht: „Es ist unerheblich, ob und wie die Klägerin den ihr entstandenen Schaden tatsächlich kompensiert hat, also ob sie während des Nutzungsausfalls einen Mietwagen angemietet hat, zu Fuß gegangen ist oder sich ein Pkw von Freunden geliehen hat.“

Die Wahlfreiheit bleibe also grundsätzlich bestehen, sodass die Klägerin tatsächlich fiktiv die Nutzungsausfall abrechnen konnte. Auch die längere Reparaturdauer ändere an ihrem Anspruch nichts. Das so genannte Werkstattrisiko trage immer der Schädiger. Die Geschädigte könne nichts dafür, dass es im Fall in der Werkstatt zu einem Stillstand der Reparatur kam.

Aus dem Urteil ergibt sich also, dass es auch nach einiger Zeit sinnvoll sein, seine Ansprüche zu überprüfen, so die DAV-Verkehrsrechtsanwälte. Gerade wenn die gegnerische Versicherung die Mietwagenkosten kürzt, kann es wirtschaftlich sinnvoller sein, Nutzungsausfall zu verlangen.

Quelle und Informationen: www.verkehrsrecht.de


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