SGB II / SGB XII: Regelleistung 2022 verfassungswidrig

10. Oktober 2021

Es soll deshalb nicht erneut bei der Regelleistung 2022 diese Analyse großteilig wiederholt, sondern auf den Artikel zur Regelleistung 2021 verwiesen werden. Dieser Verweis ist durchaus notwendig, da die Ermittlung der Regelleistung 2021 als Ausgangsbasis in die Regelleistung 2022 eingeht, da die Regelleistung 2022 ermittelt wird durch die Inflationierung der Regelleistung 2021 (§ 28a Abs. 2 SGB XII).

Dennoch ist zum allgemeinen Verständnis ein Teilausflug in die Ermittlung der Regelleistung 2021 als Voraussetzung für die Regelleistung 2022 notwendig.

Vorbemerkung (Inflationierung der EVS)

Das Statistische Bundesamt ändert alle fünf Jahre die Basis. Für den Verbraucherpreisindex (VPI), auch Inflationsrate, wird alle fünf Jahre das Basisjahr für die jährliche Preissteigerung gewechselt, also 2005, 2010, 2015, 2020.

Dies korrespondiert nicht mit der ebenfalls alle fünf Jahre erhobenen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS), welche 1998/Version 2003, 2008, 2013, 2018 stattfand.

Daraus ergibt sich das Problem, daß zunächst mit gewissen statistischen Methoden eine Angleichung stattfinden muß, die so aussieht, daß die im EVS-Jahr ermittelten Preise auf das letzte Basisjahr deflationiert werden [1].

Das heißt, für die Inflationierung der Preise aus der EVS 2018 für die Regelleistung 2021 wird auf das Basisjahr 2015 deflationiert und anschließend gemäß der beschriebenen Regelung hochinflationiert.

Diese neue Regelleistung 2021 wird ermittelt aus 70 Prozent Preissteigerungsrate (Inflationsrate) und 30 Prozent Lohnsteigerung.

Der Gesamtindex der Verbraucherpreise stieg nach Bundesstatistikamt (destatis) von 2018 auf 2020 um den Faktor 1,0200 [2]. Während der Verbraucherpreisindex von Januar bis Juni 2020 stieg, sank er von Juli bis Dezember 2020 aufgrund der sog. Corona-Pandemie (SARS-CoV-2; CoViD-19).

2021 gibt es aber noch ein weiteres Problem: exorbitant steigende Nahrungsmittelpreise in der zweiten Jahreshälfte. Waren die Nahrungsmittelpreise in der ersten Jahreshälfte grob um eineinhalb Prozent gestiegen, so stiegen sie – bisher – in der zweiten Jahreshälfte um grob viereinhalb Prozent, also dem Dreifachen [3].

Die Behauptung der Bundesregierung sowie die Verbreitung dieser Behauptung durch die veröffentlichten Medien, Ursache sei die Wiedergeltung der Umsatzsteuer („Mehrwertsteuer“), welche 2020 ausgesetzt wurde, ist nicht stichhaltig, da dann nämlich die (Nahrungsmittel-)Preise schon Anfang 2021 hätten entsprechend ansteigen müssen und nicht erst ab Juli 2021. Letzteres spielt aber für die Festlegung der Regelleistung 2022 eine wichtige Rolle, da die Regelleistung 2022 aus der Preissteigerung Juli 2020 bis Juni 2021 berechnet wird (!).

Regelleistung 2022

Da sich die Regelleistung zu 70% aus der Inflationsrate und zu 30% aus der Lohnentwicklung zusammensetzt, der Anteil Nahrungsmittel (EVS-Abteilung 01) zu etwa 35% die Regelleistung bestimmt, ergibt sich Folgendes: Die Inflationsrate bestimmt letztlich die Regelleistung zu 24,5% (35% x 0,7), die Steigerung der Nahrungsmittelpreise bedingt einen Regelleistungsanteil von 1,1% (24,5% x 4,5%), was schon für die zweite Jahreshälfte 2021 eine Regelleistung von 451 Euro (446 Euro x 1,011) ergibt, so daß allein schon aufgrund der Steigerung der Nahrungsmittelpreise in der zweiten Jahreshälfte 2021 die Regelleistung 5 Euro höher hätte ausfallen müssen.

Dies wirkt sich zwangsläufig auf die nicht mehr durch eine EVS ermittelte, sondern nur noch inflationierte Regelleistung 2022 aus – und zwar kürzend. So kann es auch nicht verwundern, wenn die Eckregelleistung (100%, Alleinstehende und Alleinerziehende) 2022 mit 449,- Euro [4] nur um 3 Euro höher ausfällt als die Eckregelleistung 2021 mit 446,- Euro.

Um die Leserinnen und Leser nicht zu sehr mit statistischen Feinheiten zu quälen, wird nachfolgend ergebnisorientiert vorgegangen.

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Quelle und vollständiger Artikel: Herbert Masslau


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