SGB II Angemessenheitsprüfung in Pandemie nur für 6 Monate ausgesetzt

6. Juli 2022

Während der COVID-19-Pandemie ist trotz gesetzlicher Sonderregelung ein Kostensenkungsverfahren nicht generell ausgeschlossen. Dies hat das Landessozialgericht (LSG) in seinem Beschluss vom 12.05.2022 entschieden (Az. L 2 AS 468/22 B ER).

Der Antragsgegner (Jobcenter) bewilligte den Antragstellern Arbeitslosengeld II für zwei Halbjahreszeiträume. Er wies zu Beginn des zweiten Zeitraumes darauf hin, dass die pro Monat anfallenden Unterkunfts- und Heizkosten (1.350 Euro) unangemessen seien und forderte die Kostensenkung. Nach dessen Ende berücksichtigte er nur noch 1.000 Euro. Die Antragsteller legten Widerspruch ein und suchten um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach. Das SG Detmold verpflichtete den Antragsgegner vorläufig zur Übernahme der tatsächlichen Kosten.

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde des Antragsgegners hatte vor dem LSG Erfolg. Bedarfe für Unterkunft und Heizung würden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen seien (§ 22 SGB II). Soweit die Aufwendungen den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang überstiegen, seien sie so lange anzuerkennen, wie es den Leistungsberechtigten nicht möglich oder zuzumuten sei, z.B. durch einen Wohnungswechsel die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

Abweichend davon regele § 67 SGB II über den Zugang zu sozialer Sicherung aus Anlass der COVID-19-Pandemie, dass die tatsächlichen Aufwendungen für die Dauer von sechs Monaten als angemessen gelten und dieser Zeitraum nicht auf die in § 22 SGB II genannte Frist anzurechnen sei. Bei im Zeitraum 01.03.2020 bis 31.03.2022 beginnenden Bewilligungszeiträumen, sei für sechs Monate eine Angemessenheitsprüfung nicht vorzunehmen. Nach Ablauf der sechs Monate solle jedoch nach dem klaren Gesetzeswortlaut die allgemeine Regelung des § 22 SGB II wieder gelten. Deren Regelungszweck liege darin, dass die von den Auswirkungen der Pandemie Betroffenen sich kurzfristig nicht auch noch um ihren Wohnraum sorgen müssten. Von einem kurzfristigen Verlust dürfe jedoch nach über einem Jahr im SGB II-Leistungsbezug nicht mehr ausgegangen werden.

Quelle: Presseservice des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen


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