Münster/Berlin (DAV). Nur weil Kapseln Melatonin enthalten, sind sie nicht automatisch ein Arzneimittel. Kapseln, die 0,5 mg Melatonin enthalten und von denen täglich 2 Stück eingenommen werden sollen, bedürfen daher auch keiner Zulassung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte.
Sie dürfen frei vertrieben werden, so das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen am 28. Oktober 2021 (AZ: 13 A 1376/17).
In dem von der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitgeteilten Fall vertrieb die Klägerin Kapseln als Nahrungsergänzungsmittel. Die Kapseln enthalten jeweils 50 mg Melissenextrakt sowie 0,5 mg Melatonin. Nach der Verzehrempfehlung sollen 2 Kapseln kurz vor dem Schlafengehen eingenommen werden. Nach Meinung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte handelte es sich bei dem Produkt um ein zulassungspflichtiges Arzneimittel. Gegen diese Feststellung wehrte sich die Klägerin, da sie ansonsten das Produkt zulassen müsste.
Die Klage ist erfolgreich, für die Kapseln ist kein Zulassungsverfahren für Arzneimittel erforderlich. Die Kapseln seien weder ein „Funktionsarzneimittel“ noch ein „Präsentationsarzneimittel“, entschieden die Richter.
Für ein Funktionsarzneimittel sei es notwendig, dass das Produkt physiologische Funktionen habe, die über die Wirkungen von sonstigen Lebensmitteln hinausgehen. Nach Auswertung zahlreicher, sich teilweise widersprechender Studien und Gutachten bestehe aber aus wissenschaftlicher Sicht derzeit keine hinreichende Klarheit darüber, ob der Verzehr von 1mg Melatonin stärker wirke als Lebensmittel. Diese Unsicherheit gehe zu Lasten der Beklagten. Sie müsse ihre Behauptung, es läge ein Arzneimittel vor, beweisen. Das sei nicht geschehen.
Auch ein Präsentationsarzneimittel erkannte das Gericht nicht. Die Kapseln würden nicht als Mittel zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten bezeichnet oder präsentiert. Die Klägerin gebe an, die Kapseln förderten den natürlichen Schlaf und seien auch bei Jetlag hilfreich. Damit erwecke sie nicht den Eindruck einer heilenden, vorbeugenden oder Leiden lindernden Wirkung des Produkts.
Quelle und Informationen: www.dav-medizinrecht.de