Eine zeitlich unbefristete Quarantäneanordnung über die Dauer einer Inkubationszeit von 14 Tagen hinaus ist regelmäßig rechtswidrig. Dies hat die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Aachen mit Beschlüssen entschieden. In beiden Fällen hatten sich Kindergartenkinder mit Eilanträgen gegen Ordnungsverfügungen der Stadt Bad Münstereifel (7 L 213/21) bzw. der Stadt Mechernich (7 L 214/21) gewendet, mit denen ihnen eine häusliche Quarantäne aufgegeben worden war.
Hintergrund der Anordnungen war, dass die Kinder dieselbe Kindergartengruppe besucht hatten wie ein positiv auf COVID-19 getestetes Kind. Die Ordnungsbehörden hatten die Kinder deswegen als „ansteckungsverdächtige Kontaktpersonen“ eingestuft und ihre häusliche Absonderung (= Quarantäne) angeordnet. Eine Aufhebung der Quarantäne sollte frühestens 14 Tage nach dem verdachtsbegründenden Kontakt zu dem positiv getesteten Kind nach Vorlage eines negativen PCR-Tests erfolgen können und auch in diesem Fall nur dann, wenn „nach Wertung der Gesamtumstände“ eine Weiterverbreitung der Krankheit nicht mehr zu befürchten sei.
Diese Anordnungen hat die Kammer als rechtswidrig eingestuft und sie vorläufig außer Kraft gesetzt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, ein Ansteckungsverdacht möge aufgrund des Besuchs derselben Kindergartengruppe zwar ursprünglich bestanden haben. Auf der Grundlage medizinischer Erkenntnisse sei davon auszugehen, dass die COVID-19-Erkrankung eine Inkubationszeit von bis zu 14 Tagen aufweise.
In diesem Zeitraum könne daher regelmäßig ein Ansteckungsverdacht bei Kontaktpersonen angenommen werden. Das Robert-Koch-Institut empfehle vor diesem Hintergrund die Anordnung einer Quarantäne für 14 Tage. In den nunmehr entschiedenen Fällen hätten die Ordnungsbehörden nicht dargelegt, warum entgegen diesen wissenschaftlichen Empfehlungen die Quarantäneanordnungen unbefristet ergangen seien und offenbar über eine Inkubationszeit von 14 Tagen hinaus ein Ansteckungsverdacht zugrunde gelegt werde.
Die unbefristeten Quarantäneanordnungen seien daher bereits unzureichend begründet und mit dem nebulösen Verweis auf die „Wertung der Gesamtumstände“ als Voraussetzung für ihre Aufhebung überdies nicht hinreichend bestimmt. So sei die Aufhebung der Quarantäne in das Belieben der Behörde gestellt. Das jedoch sei unzulässig. Ungeachtet dessen erweise sich die Fortgeltung der Quarantäneanordnung jedenfalls nunmehr als unverhältnismäßig. Denn seit dem verdachtsbegründenden Kontakt seien inzwischen 25 Tage vergangen.
Von einem Ansteckungsverdacht könne daher jetzt nicht mehr ausgegangen werden. Angesichts dessen dürfe auch die Vorlage eines negativen PCR-Tests für eine Beendigung der Quarantäne nicht mehr gefordert werden.
Gegen die Beschlüsse können die unterlegenen Städte Beschwerde einlegen, über die jeweils das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen entscheidet.
Aktenzeichen: 7 L 213/21 (Stadt Bad Münstereifel) und 7 L 214/21 (Stadt Mechernich)
Quelle: Presseservice des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen