Nach 16 Verhandlungstagen hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle die heute 34-jährige Marcia M. aus dem Raum Salzgitter wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit einem Kriegsverbrechen gegen Eigentum, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt (Az.: 5 St 1/23).
Nach den Feststellungen des Senats reiste die Angeklagte mit ihrem Ehemann nach islamischem Ritus 2015 nach Syrien aus und schloss sich dort dem IS an, um sich am Kampf um die Errichtung eines religiös-fundamentalistischen Kalifats zu beteiligen. Nach einer ideologischen Schulung in Raqqa wurde sie in der Handhabung von Schusswaffen unterwiesen. Während ihr Ehemann im Irak und später wieder in Syrien als Kämpfer eingesetzt wurde, führte Sie ihm den Haushalt und übersetzte propagandistische Schriften. Sie erhielt von dem IS eine monatliche Alimentation in Höhe von rund 50 US-Dollar. Während ihres Aufenthalts im Irak bewohnten die Angeklagte und ihr Ehemann für zwei Monate ein ihnen vom IS zur Verfügung gestelltes Haus, das dieser unter Zwangsverwaltung gestellt hatte, nachdem die vorherigen Bewohner vor den herannahenden Kämpfern des IS geflohen oder von diesen vertrieben worden waren.
2016 plante der IS einen terroristischen Anschlag mit Schnellfeuergewehren des Typs Kalaschnikow oder mit Sprengstoff auf ein nicht näher identifiziertes Musikfestival, möglicherweise in der Nähe von Hildesheim, möglicherweise aber auch in Frankfurt oder an einem anderen Ort. Die Angeklagte sollte in Deutschland Frauen finden, die den Attentätern Unterschlupf gewähren, sie heiraten und ihnen so bis zur Anschlagsbegehung eine unauffällige Legende verschaffen sollten. Während verschiedene Attentäter zu diesem Zweck in Syrien ausgebildet wurden, nahm die Angeklagte Kontakt zu mehreren Frauen auf, von denen sich zwei bereit erklärten, an dem Plan mitzuwirken. Die anschließende Schleusung der Attentäter nach Deutschland scheiterte jedoch.
In der Folgezeit trat die Angeklagte einem IS-Frauen-Bataillon bei, absolvierte eine Schulung zur Herstellung von Sprengstoff unter Verwendung von Haushaltsmitteln und stellte Sprengstoffgürtel her.
Im Oktober 2017 ergaben sich die Angeklagte und ihr Ehemann kurdischen Truppen. Die Angeklagte befand sich seitdem in verschiedenen Lagern in Gewahrsam. Sie wurde im Oktober 2022 in die Bundesrepublik Deutschland zurückgeführt und befindet sich hier seitdem in Untersuchungshaft.
Die Angeklagten hat die Vorwürfe weitgehend eingeräumt. Zudem hat sich der Senat auf die Aussagen verschiedener Zeugen gestützt.
Der Senat hat das Geständnis der Angeklagten strafmildernd berücksichtigt, hatte allerdings nicht den Eindruck, dass dieses auf Unrechtseinsicht und Reue basierte. Zudem hat er zugunsten der Angeklagten in Rechnung gestellt, dass sie langjährig unter erschwerten Bedingungen in Nord-Syrien inhaftiert war und dass die Taten bereits mehrere Jahre zurückliegen. Erschwerend fielen jedoch die Dauer der Mitgliedschaft, die zahlreichen Betätigungshandlungen der Angeklagten und der Umstand ins Gewicht, dass die Angeklagte in die konkrete Vorbereitung eines geplanten schweren Anschlags in Deutschland eingebunden war.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Generalbundesanwaltschaft hatte eine Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren gefordert. Die Verteidiger der Angeklagten hatten eine Strafe von nicht mehr als drei bis vier Jahren beantragt.
Der Senat hat wegen weiterhin bestehender Fluchtgefahr die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet.
Quelle: Oberlandesgericht Celle