Verhandelt wurde ein Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen (Az.: L 7 AS 505/19) vom Oktober 2020 die Rechtsfrage der Kostenübernahme für schulisch genutzte Tablets betreffend. Das BSG hatte sich eines der drei anhängigen Verfahren – LSG Niedersachsen-Bremen, Az.: L 7 AS 505/19 (B 4 AS 88/20 R); L 7 AS 66/19 (B 4 AS 84/20 R); L 7 AS 219/19 (B 4 AS 4/21 R) – herausgesucht. In allen drei Verfahren hatte der 7. LSG-Senat den Kosten-Anspruch für ein Schul-Tablet auf Grundlage des § 21 Abs. 6 SGB II abgelehnt.
Da alle drei Entscheidungen des 7. Senats des LSG Niedersachsen-Bremen gleichlautend waren, konnte sich das BSG eines dieser Verfahren zur Entscheidung heraussuchen, welches dann auf die anderen Verfahren übertragbar war (ist).
Zur Begründung des 7. Senats des LSG Niedersachsen-Bremen siehe meinen Artikel „SGB II: Kostenübernahme Schul-PC/Tablet“ vom November 2020 [http://herbertmasslau.de/sgb-ii-schul-pc.html].
Im Gegensatz zum 11. Senat des LSG Niedersachen-Bremen, welcher in zwei Urteilen (Az.: L 11 AS 349/17 und L 11 AS 1503/15) vom Dezember 2017 den Betroffenen die Kostenübernahme für Schulbücher auf der Grundlage des § 21 Abs. 6 SGB II zugesprochen hatte, bestätitgt durch die BSG-Entscheidungen vom 8. Mai 2019 (Az.: B 14 AS 6/18 R und B 14 AS 13/18 R), hat der 7. LSG-Senat den Betroffenen die Kostenübernahme für schulisch genutzte Tablet’s verweigert. Damit steht der 7. LSG-Senat im Gegensatz zu vielen erstinstanzlichen Entscheidungen und auch zur Rechtsauffassung des LSG Schleswig-Holstein.
Kurz die wesentlichen Argumente des 7. Senats des LSG Niedersachsen-Bremen:
– digitale Geräte sind in der Regelleistung § 20 SGB II enthalten
– digitale Geräte sind im BuT-Paket § 28 Abs. 3 SGB II enthalten
– für Schul-PC/Tablet besteht keine Anspruchsgrundlage nach Härtefallregelung § 21 Abs. 6 SGB II, weil keine gesetzliche Regelungslücke vorliegt.
Während in 2020 die durchschnittliche Verfahrensdauer laut BSG-Geschäftsbericht 12 Monate betrug, ist die heutige Entscheidung mit knapp 6 Monaten bemerkenswert.
Nun zur BSG-Entscheidung vom heutigen Tage selbst. Die Kernaussage lautet:
Keine Berücksichtigung der Kosten für ein Schultablet als Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 6 SGB II.
Es ging um die alte Rechtslage (2016), nicht um die neue, durch das „Starke-Familien-Gesetz“ geänderte Rechtslage 2019 (150 Euro statt 100 Euro, keinen Elternbeitrag mehr zum Schulessen).
Vor der Entscheidung stand die Frage im Raum, ob ein (Bundes-)Land in Anspruch genommen werden könne (Stichwort: Digitalpakt-Gelder) oder ob der Grundsicherungsträger quasi als Ausfallbürge herhalten müsse.
Es könne dahinstehen, so das BSG, ob der Anwendung von § 21 Abs. 6 nicht schon der § 28 Abs. 3 SGB II entgegenstünde, jedenfalls sei nicht zu belegen, daß der Gesetzgeber die Kostenübernahme für ein Schul-tablet bis zur gesetzlichen Neuregelung wollte.
Eine analoge Anwendung des § 21 Abs. 6 SGB II scheide deshalb aus.
§ 21 Abs. 6 SGB II scheide auch aus, weil der Bedarf nur ein einmaliger und kein laufender sei, das tablet werde nicht mehrfach angeschafft.
Der BSG-Senat verwies auf die Verantwortung des (Bundes-)Landes hin.
Meine Kritik:
Der 14. BSG-Senat hatte 2019 in seinem Schulbuch-Urteil noch darauf hingewiesen, daß § 28 Abs. 3 SGB II ausscheide, weil evident unzureichend.
Der 14. BSG-Senat hielt auch die Regelleistung § 20 SGB II für evident unzureichend in jenen Bundesländern, in denen keine Schulbuchfreiheit bestehe.
Der Gesetzgeber reagierte auf diese BSG-Entscheidung schließlich mit der Einführung des § 21 Abs. 6a SGB II [BGBl. I, 2020, Nr. 61, Seite 2860; In-Kraft-Treten: 1. Januar 2021].
Konsequenz:
Für Fälle der Vergangenheit gibt’s kein Geld; seit August 2019 muß § 28 Abs. 3 SGB II, der mtl. 30 € für Digitales enthält, herhalten, also je nach Gerät 12-24 Monate Ansparzeit.
Quelle und vollständiger Artikel: Herbert Masslau