Ein Vermieter, der nach der Betriebskostenverordnung die laufenden monatlichen Grundgebühren für einen Breitbandkabelanschluss auf seine Mieter umlegt, muss einem Mieter kein gesondertes Kündigungsrecht nach dem Telekommunikationsgesetz (TKG) in Bezug auf diesen Kabelanschluss einräumen. Dies hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm mit Urteil vom 28.05.2020 entschieden.
Der Kläger ist ein Verein zur Durchsetzung des Rechts gegen den unlauteren Wettbewerb. Die Beklagte gehört nach ihren eigenen Angaben zu den Wohnungsanbietern.
Ein großer Teil der Wohnungen der Beklagten hat eine Anbindung an ein Kabelfernsehnetz, über das Fernseh- und Hörfunkprogramme übertragen werden können. In technischer Hinsicht ist es darüber hinaus auch für andere Dienste – wie Telefonate und Internet – geeignet. Zum Zweck der Versorgung dieser Wohnungen mit Fernseh- und Hörfunkprogrammen über dieses Kabelnetz besteht ein Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und einem Unternehmen. Verantwortlich ist dieses auch für die grundstücks- und gebäudeinterne Netzinstallation zwischen den auf den jeweils versorgten Grundstücken gelegenen „Hausübergabepunkten“ und den Kabelanschlussdosen in den einzelnen Wohnungen. Die Vergütung für dieses Unternehmen legt die Beklagte als Betriebskosten unter der Bezeichnung „Fernsehversorgung“ auf ihre Mieter um. Die Mieter der Beklagten können sich während der Dauer des Mietverhältnisses von der auf die vorbeschriebene Art und Weise erfolgenden Versorgung ihrer Wohnungen mit Fernseh- und Hörfunkprogrammen nicht lösen.
Der Kläger hat die Beklagte im September 2018 mit einem Schreiben abgemahnt und verlangt von ihr unter anderem, es zu unterlassen, Wohnraummietverträge mit Verbrauchern abzuschließen, die die kostenpflichtige Bereitstellung eines Kabel-TV-Anschlusses beinhalten, wenn diese für den Verbraucher nicht wenigstens zum Ablauf von 24 Monaten Laufzeit kündbar sind. Er ist der Auffassung, die Beklagte handele unlauter. Sie sei, soweit sie die von ihr vermieteten Wohnungen mit einem Kabelanschluss versorge, als „Anbieterin von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten“ im Sinne des § 43b TKG anzusehen. Da eine (isolierte) Kündigung dieser Versorgung nicht möglich sei, seien die Mieter für die gesamte Dauer des Mietverhältnisses an den Kabel-TV-Anschluss gebunden. Hierin liege ein Verstoß gegen § 43b TKG, wonach unter anderem die anfängliche Mindestlaufzeit eines Vertrages zwischen einem Verbraucher und einem Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten 24 Monate nicht überschreiten dürfe.
Die Beklagte meint dagegen, allein wegen der betriebskostenrechtlichen Umlage der Kosten für die Versorgung der Wohnungen mit Fernseh- und Hörfunkprogrammen auf ihre Mieter könne sie nicht als „Anbieterin von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten“ im Sinne des § 43b TKG angesehen werden. Die Versorgung der Wohnungen mit Fernseh- und Hörfunkprogrammen sei für sie insbesondere deshalb kein „Telekommunikationsdienst“, weil sie nicht für die „Übertragung von Signalen“ verantwortlich sei.
Das Landgericht Essen hat mit Urteil vom 31.05.2019 (Az. 45 O 72/18) die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers gegen dieses Urteil hatte keinen Erfolg.
Die Beklagte habe – so der Senat – nicht gegen § 43b TKG verstoßen. Zwischen der Beklagten und ihren jeweiligen Mietern bestehe kein Vertrag über die Erbringung öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste. Zwar reiche die Übertragung von Fernseh- und Hörfunksignalen nach den Regelungen im Telekommunikationsgesetz als Übertragungsgegenstand für einen Telekommunikationsdienst aus. Fraglich sei aber bereits, ob die Leistungspflicht der Beklagten, deren wesentlicher Kern die Gewährung des Gebrauchs der vermieteten Wohnung sei, „ganz oder überwiegend“ – wie es § 3 Nr. 24 TKG für einen „Telekommunikationsdienst“ erfordere – in der Übertragung von Signalen bestehe. Letztlich komme es hierauf allerdings nicht an. Der in der Übertragung von Signalen bestehende Dienst der Beklagten sei nämlich jedenfalls nicht „öffentlich zugänglich“, was der § 43b TKG voraussetze. „Öffentlich zugänglich“ sei ein Telekommunikationsdienst – nach § 3 Nr. 17a TKG – dann, wenn er der Öffentlichkeit und damit einem unbestimmten Personenkreis zur Verfügung stehe. Bei den Mietern eines Mehrfamilienwohnhauses handele es sich hingegen nicht um einen unbestimmten Personenkreis, sondern um eine von der Öffentlichkeit durch ihre Eigenschaft als Mieter von Wohnungen in bestimmten Immobilien der Beklagten klar abgegrenzte Personengruppe.
Der Senat hat die Revision zugelassen.
Nicht rechtskräftiges Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 28.05.2020 (Az. 4 U 82/19, OLG Hamm).
Hinweise der Pressestelle:
1. § 3 Nr. 17a und 24 TKG lautet wie folgt:
Im Sinne dieses Gesetzes ist oder sind […]
17a. „öffentlich zugängliche Telekommunikationsdienste“ der Öffentlichkeit zur Verfügung stehende Telekommunikationsdienste; […]
24. „Telekommunikationsdienste“ in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen;[…]
2. § 43b TKG lautet wie folgt:
Die anfängliche Mindestlaufzeit eines Vertrages zwischen einem Verbraucher und einem Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten darf 24 Monate nicht überschreiten. Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten sind verpflichtet, einem Teilnehmer zu ermöglichen, einen Vertrag mit einer Höchstlaufzeit von zwölf Monaten abzuschließen.
Quelle: Presseservice des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen