Das Bundesverfassungsgericht hat am 05.11.2019 (Az. 1 BvL 7/16) entschieden, dass ein Teil der Sanktionsregelungen des SGB II mit dem Grundgesetz unvereinbar sind. Der Gesetzgeber wurde aufgefordert, eine Neuregelung zu treffen. Zugleich hat das Gericht verfügt, dass die Sanktionsvorschriften der §§ 31a und 31b SGB II nur noch eingeschränkt anzuwenden sind.
Die Einschränkung bezieht sich allerdings auf Erwägungen der Leistungsbehörde ohne dass das Gericht erklärt, wann von der Sanktion abzusehen ist. Eine solche Formulierung spricht für eine Ermessensentscheidung der Leistungsbehörde und eine solche Ermessensentscheidung wäre im Hinblick darauf, ob das Ermessen korrekt ausgeübt worden ist, also nicht etwa unter- oder überschritten worden ist, zu überprüfen. Eine materiell-rechtliche Prüfung würde allerdings nicht stattfinden.
Das Bundesverfassungsgericht hat in der o. g. Entscheidung keinerlei Aussagen zu dem
Sonderfall der unter 25-jährigen gemacht. Zwar ergab sich aus dem Vorlagebeschluss
des Sozialgerichts Gotha diesbezüglich nichts, allerdings hätte das Gericht durchaus im
Wege eines obiter dictum Ausführungen hierzu machen können. Diese Chance wurde
vertan.
Im Hinblick auf längere Sperrzeiten, welche über drei Wochen hinausgehen, sei auch noch auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 27.06.2019 zu den Aktenzeichen B 11 AL 14/18 R und B 11 AL 17/18 R verwiesen. Das Bundessozialgericht hatte in den vorgenannten Entscheidungen dargelegt, dass die standardmäßigen Rechtsfolgenbelehrungen in den Bescheiden der Bundesagentur für Arbeit rechtswidrig sind.
Die Rechtsfolgenbelehrungen, die die BA verwandt hat, sind unverständlich und enthalten zum Teil lediglich Widergaben des Gesetzestextes und sollen alle nur denkbaren Fälle abdecken. Eine solche Rechtsfolgenbelehrung ist nicht hinreichend um die leistungsrechtlichen Konsequenzen eines bestimmten Verhaltens zu erkennen.
Weiterhin muss die BA stärker darauf achten, dass eine zweite Sperre nur dann verhängt werden kann wenn die erste durch Verwaltungsakt bereits geahndet worden ist. Ein quasi „Summen-Verwaltungsakt“ wäre insofern rechtsfehlerhaft.
Sollte also jemand entsprechende Minderungs- und/oder Sanktionsbescheide erhalten haben, empfehlen wir diese einer qualifizierten Überprüfung durch Gewerkschaften, Sozialverbände oder Rechtsanwälte etc. zuzuführen.
Quelle: Presse Anton Hillebrand, Sozialberatung Ruhr e. V.