Die Zufahrt zu einem Hinterliegergrundstück besteht nicht uneingeschränkt. Der Umfang eines Geh- und Fahrtrecht muss sich immer am Einzelfall orientieren und besteht unter Umständen nicht uneingeschränkt. Bei der Zufahrt zu einem Hinterliegergrundstück sind damit gewisse Beeinträchtigungen der Zufahrtsbreite hinzunehmen.
Darauf hat der 7. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts in einem Hinweisbeschluss aufmerksam gemacht.
Ein Mann aus Hochspeyer erwarb ein sog. „Hinterliegergrundstück“, das keinen eigenen Zugang zu einer öffentlichen Straße besitzt. Die Zufahrt zu dem Anwesen und den dazugehörigen fünf Garagen erfolgte ausschließlich über den Hof des benachbarten Grundstücks der Beklagten. Zur Absicherung des Zufahrtsrechts war im Grundbuch des Beklagtengrundstücks ein sog. „Geh- und Fahrrecht“ zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Hinterliegergrundstücks eingetragen. Das Hofgelände zwischen den Gebäuden war groß genug, um bequem in alle Garagen hinein- und herauszufahren.
Dies änderte sich, als die Beklagten auf ihrem Teil des Hofgrundstücks für ihre Mieter 2 PKW-Stellplätze entlang der Hauswand einrichteten. Waren die Stellplätze belegt, konnten die Garagennutzer nicht mehr wie gewohnt rangieren. Sie mussten gegebenenfalls rückwärts ein- oder ausfahren. Der Nachbar forderte deshalb die Beklagten auf, die Stellplätze zu entfernen und das Geh- und Fahrrecht wieder uneingeschränkt zu gewährleisten. Das in 1. Instanz angerufene Landgericht Kaiserslautern wies die Klage ab, da die Garagen des Klägers weiterhin erreichbar waren und es nach Ansicht des Landgerichts keine Beeinträchtigung des Geh- und Fahrtrechts gab.
Auf die hiergegen gerichtete Berufung wies das Pfälzische Oberlandesgericht den Kläger in einem sog. Hinweisbeschluss darauf hin, dass der 7. Zivilsenat beabsichtigt, seine Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Der Kläger nahm daraufhin die Berufung zurück.
Zur Begründung führte das Pfälzische Oberlandesgericht aus: Wenn wie hier ein eingetragenes Geh- und Fahrrecht im Grundbuch nicht näher konkretisiert ist, können auch andere Umstände herangezogen werden, um den Umfang des Geh- und Fahrtrechts festzustellen. Hierzu sind z.B. die Gegebenheiten vor Ort und der Sinn und Zweck des Fahrtrechts zu berücksichtigen. Die zwischen den Grundstücken liegende Hofdurchfahrt muss nach Ansicht des 7. Zivilsenats jedenfalls breit genug sein, um mit einem üblichen Kraftfahrzeug in einer üblichen Bogenfahrt auch die hinterste der Garagen erreichen zu können. Da nach § 32 StVZO die höchstzulässige Breite von Kraftfahrzeugen allgemein 2,55 m beträgt, sollte die Zufahrtsbreite mindestens 3 m betragen, so der 7. Zivilsenat.
In Höhe des Bogens zu den links gelegenen Garagen sollte die Zufahrt etwas breiter sein. Hier orientierte sich der 7. Zivilsenat an der Vorschrift des § 2 Abs. 3 Garagenverordnung – GarVO – Rheinland-Pfalz und hielt eine Breite von mindestens 5 Metern für angemessen. Auch diese Vorgabe war nach den vorlegten Lichtbildern erfüllt. Der 7. Zivilsenat verwies zudem darauf hin, dass § 1020 S. 1 BGB den Berechtigten zur schonenden Ausübung der Grunddienstbarkeit verpflichtet. In diesem Sinne hat es der Kläger hinzunehmen, dass die Beklagten ihr Eigentumsrecht ausüben und einen Teil ihres Grundstücks als PKW-Stellfläche nutzen, sofern sein Zufahrtsrecht dadurch nicht mehr als notwendig beeinträchtigt wird. Die damit für ihn und die Garagennutzer verbundene nachteilige Veränderung muss er hinnehmen.
Quellen:
– LG Kaiserslautern, Urteil vom 25.11.2020, Az. 3 O 328/20
– Pf. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 03.05.2022, Az. 7 U 150/20