Familienkreis ist beleidigungsfreie Sphäre

13. September 2019

Frankfurt/Berlin (DAV). Nach einem Ehestreit kommt es vor, dass sich Familienmitglieder austauschen und das Verhalten der Beteiligten bewerten. Ein Betroffener hat keine Möglichkeit, solche Äußerungen oder Beleidigungen zu verbieten.

Im engsten Familienkreis gibt es eine besondere Äußerungsfreiheit, stellte das Oberlandesgericht Frankfurt/Main am 17. Januar 2019 (AZ: 16 W 54/18) fest. Dies gilt auch gegenüber dem Gericht, den Jugendämtern oder der Polizei. Andernfalls könnte man seine Rechte nicht richtig wahrnehmen, erläutert die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

Bei einem heftigen Ehestreit forderten die Eltern den Sohn auf, das Zimmer zu verlassen. Als er dies nicht tat, packte ihn der Vater am Nacken und schob ihn in sein Kinderzimmer. Dann verließ der Vater das Haus. Die Mutter nahm ein Video vom weinenden Sohn auf, der sich an den Hals fasst. Dies übergab sie ihrer Mutter. Die Mutter wiederum fertigte ein Protokoll, indem sie einzelne Vorfälle dokumentierte.

Demnach soll der Vater psychische und physische Gewalt gegen die Mutter und die Kinder ausgeübt haben. Video und Protokoll schickte sie per WhatsApp an ihre Schwester, die gemeinsame Mutter und an eine Cousine. Ferner übergab sie das Material dem Jugendamt und der Polizei. Dort stellte sie Strafanzeige gegen ihren Schwiegersohn. Der Vater forderte, der Schwiegermutter die Behauptung und Verbreitung der Protokoll-Äußerungen zu untersagen.

Der Vater hat keinen Unterlassungsanspruch, entschied das Gericht. Zwar habe auch er einen grundrechtlichen Schutz auf Ehre, dieser müsste allerdings im konkreten Fall zurücktreten. Im engsten Familienkreis und gegenüber Behörden solle jedem ein persönlicher Freiraum gewährt sein. In diesem Freiraum sollte man sich gegenüber seinen engsten Verwandten frei aussprechen und seine Emotionen ausdrücken können – und zwar ohne eine gerichtliche Verfolgung befürchten zu müssen. Die Vertraulichkeit des Gesprächs werde dabei vorausgesetzt. Die Verbreitung über WhatsApp stehe dazu nicht im Widerspruch. Gleiches gelte gegenüber Jugendamt und Polizei. Man müsse Behörden über angebliche Missstände informieren dürfen.

Quelle und Information: www.dav-familienrecht.de


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