Die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Minden hat dem Eilantrag einer Pflegeheimbewohnerin (Kreis Lippe) auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Allgemeinverfügung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW zum Schutz von Pflegeeinrichtungen vor dem Eintrag von SARS-CoV-2-Viren unter Berücksichtigung des Rechts auf Teilhabe und sozialer Kontakte der pflegebedürftigen Menschen (CoronaAVPflegeundBesuche) stattgegeben.
Gemäß Ziff. 6.2. Satz 1 Alt. 2 der CoronaAVPflegeundBesuche vom 31. August 2020 sind pflegebedürftige Menschen, bei denen aufgrund eines konkret darzulegenden Anlasses eine SARS-CoV-2-Infektion nicht ausgeschlossen werden kann, nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts getrennt von den anderen Bewohnerinnen und Bewohnern der Pflegeeinrichtung unterzubringen, zu pflegen, zu betreuen und zu versorgen (Isolierung).
Dem Antrag, die aufschiebende Wirkung einer gegen diese Regelung erhobenen Klage anzuordnen, hat die 7. Kammer mit Beschluss vom 14. Oktober 2020 stattgegeben. Das private Interesse der Antragstellerin, von einer Vollziehung einstweilen verschont zu bleiben, überwiege das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der in der Hauptsache (7 K 2326/20) insoweit angefochtenen Allgemeinverfügung. Ziff. 6.2. Satz 1 Alt. 2 der CoronaAVPflegeundBesuche erweise sich nach summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig.
Für die umstrittene Isolierungsanordnung fehle es an einer tauglichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Die vom Ministerium herangezogene Generalermächtigung aus § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) komme als Rechtsgrundlage nicht in Betracht, weil in § 30 IfSG spezialgesetzliche Regelungen enthalten seien, sodass ein Rückgriff auf die Generalklausel ausgeschlossen sei.
Darüber hinaus fehle es bei der von Ziff. 6.2. Satz 1 Alt. 2 CoronaAVPflegeundBesuche geregelten Isolierungsanordnung an einer behördlichen Einbeziehung. Nach derzeitiger Ausgestaltung der Regelung solle die Pflegeeinrichtung selbst entscheiden, wer isoliert werde. Eine solche Entkoppelung von einem behördlichen Entscheidungsprozess erweise sich im konkreten Fall als rechtswidrig. Die zuständige Behörde müsse nach den Regelungen des IfSG selbst prüfen, ob die Voraussetzungen einer Isolierung vorliegen und dürfe dies nicht der jeweiligen Einrichtungsleitung überlassen. Eine Präzisierung, wann von einem „konkreten Anlass“ ausgegangen werden könne, enthalte die Allgemeinverfügung nicht.
Wegen des hochwertigen Schutzguts der Gesundheit des menschlichen Lebens sei es zwar grundsätzlich denkbar, die Pflegeeinrichtung bei der Umsetzung einer Isolierung einzubeziehen. Dazu hätte es jedoch einer Präzisierung bedurft, unter welchen tatsächlichen Gegebenheiten eine Isolierung zu erfolgen hat. Beschluss vom 14. Oktober 2020 – 7 L 729/20 -, nicht rechtskräftig. Gegen den Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde zum OVG NRW statthaft.
Quelle: Presseservice des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen