Die Fahrerlaubnis ist auch dann wegen des Erreichens von acht oder mehr Punkten zu entziehen, wenn die zu diesem Punktestand führenden Verkehrsverstöße bereits vor Ermahnung und Verwarnung des Fahrerlaubnisinhabers begangen wurden.
Dies entschied das Verwaltungsgericht Koblenz und lehnte einen Eilantrag gegen die Fahrerlaubnisentziehung ab. Der Antragsteller wandte sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis. Ihm war mit Bescheid vom 27. Juni 2023 die Fahrerlaubnis wegen des Erreichens von acht Punkten nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem entzogen worden. Die zum Erreichen der Acht-Punkte-Grenze führenden Zuwiderhandlungen hatte der Antragsteller bereits vor der von der Fahrerlaubnisbehörde im März 2023 ausgesprochenen Ermahnung und der im Mai 2023 erteilten Verwarnung begangen.
Der dagegen gerichtete Eilantrag an das Verwaltungsgericht Koblenz blieb ohne Erfolg. Die Antragsgegnerin habe dem Antragsteller zu Recht die Fahrerlaubnis entzogen, so die Koblenzer Richter. Der Antragsteller habe zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Fahrerlaubnisentziehung die Grenze von acht Punkten nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem erreicht und die vorgelagerten Stufen des Maßnahmensystems ordnungsgemäß durchlaufen. Er gelte daher als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Hiergegen könne der Antragsteller nicht mit Erfolg einwenden, er habe die zum Erreichen der Acht-Punkte-Grenze führenden Verkehrsverstöße bereits vor Ermahnung und Verwarnung durch die Fahrerlaubnisbehörde begangen, sodass ihn deren Erziehungsfunktion nicht mehr habe erreichen können.
Der Gesetzgeber habe dem Schutz der Verkehrssicherheit Vorrang vor der Erziehungsfunktion des gestuften Maßnahmensystems eingeräumt. Nach den Vorgaben des Straßenverkehrsgesetzes würden daher bei der Berechnung des Punktestandes Zuwiderhandlungen unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden seien. Das solle die Punktebewertung eines Verkehrsverstoßes auch dann ermöglichen, wenn er vor dem Ergreifen einer Maßnahme begangen worden sei, bei dieser Maßnahme aber noch nicht habe verwertet werden können. Es komme somit nicht darauf an, ob die Maßnahmen dem Antragsteller die Möglichkeit einer Verhaltensänderung effektiv eröffnet hätten. Eine andere rechtliche Bewertung sei hier nicht ausnahmsweise deshalb geboten, weil die Entziehung der Fahrerlaubnis nach dem Vorbringen des Antragstellers zum Verlust seines Arbeitsverhältnisses führe. Negative berufliche Auswirkungen der Fahrerlaubnisentziehung stellten eine im Interesse des Schutzes anderer Verkehrsteilnehmer hinzunehmende Härte für den Antragsteller dar.
Gegen diese Entscheidung steht den Beteiligten das Rechtsmittel der Beschwerde zu.
Quelle: Verwaltungsgericht Koblenz, Beschluss vom 19. Juli 2023, 4 L 577/23.KO