Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat eine vorläufige Versorgung mit Cannabis an Stelle einer nachhaltigen Behandlung von Schmerzursachen abgelehnt. Zugrunde lag das Eilverfahren eines 42-jährigen Braunschweigers, der chronische Rückenschmerzen hatte.
Nach einer Krebsoperation im Jahre 2013 kamen weitere Beschwerden hinzu, die durch eine zu große Hodenprothese ausgelöst wurden. Nachdem der Mann verschiedene Medikamente ausprobierte hatte, ließ er sich zunächst Cannabisblüten auf Privatrezept verordnen. Dies konnte er sich jedoch nicht dauerhaft leisten. Bei seiner Krankenkasse beantragte er die Kostenübernahme, da andere Medikamente nicht den gewünschten Effekt hatten.
Die Kasse lehnte den Antrag ab, da der Mann an keiner schweren Erkrankung leide und andere therapeutische Maßnahmen bisher nicht ausgeschöpft hätte. Rückenschmerzen könnten durch eine Reha angegangen werden und wenn die Hodenprothese zu groß sei, könne eine kleinere implantiert werden.
Bei Gericht stellte der Mann einen Eilantrag. Zur Begründung führte er aus, dass herkömmliche Schmerzmittel nicht helfen würden, so dass er nun dringend Cannabis benötige. Zwar sei ihm ein Austausch der Prothese angeboten worden, jedoch lehne er den Eingriff aus Sorge vor Impotenz ab.
Das LSG hat den Eilantrag schon wegen fehlender Dringlichkeit abgelehnt. Es könne von dem Mann erwartet werden, eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten. Denn es liege kein medizinisch dringendes Akutgeschehen vor, das eine vorgezogene Entscheidung rechtfertige. Wer ein zu großes Hodenimplantat über sechs Jahre lang nicht austauschen lasse, seinen Widerspruch bei der Kasse nur zögerlich begründe und sich dann bei Gericht auf Eilbedürftigkeit berufe, verhalte sich inkohärent. Außerdem sei es nicht ersichtlich, dass Rückenschmerzen und eine beschwerdeträchtige Hodenprothese allein durch Cannabis behandelt werden müssten.
Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 11. Mai 2021 – L 16 KR 163/21 B ER , Vorinstanz: SG Braunschweig