Im März 2017 hat der Gesetzgeber einen Anspruch auf Versorgung mit Cannabis geschaffen. Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen sollen bei fehlenden Therapiealternativen Cannabis als Kassenleistung erhalten.
In der Praxis sind hierzu viele Fragen offen. Wann liegt eine schwerwiegende Erkrankung vor? Wie viele erfolglose Therapieversuche sind Patienten zumutbar? Welche Anforderungen müssen die behandelnden Ärzte erfüllen? Wie streng dürfen die Krankenkassen die ärztliche Therapieentscheidung kontrollieren?
Der 1. Senat des Bundessozialgerichts wird hierüber am 10. November 2022 ab 10.00 Uhr im Elisabeth-Selbert-Saal entscheiden (Aktenzeichen B?1?KR?21/21?R, B?1?KR?28/21?R, B?1?KR?9/22?R, B?1?KR?19/22?R). Einer der Kläger leidet unter Epilepsie, seine Krankenkasse verweist ihn auf neue Medikamente. Ein anderer Kläger mildert mit Cannabis seine ADHS-Erkrankung, ein weiterer Kläger seine Schmerzen sowie psychische Erkrankungen. Letzterer hat sich Cannabis für über 15.000 Euro auf Privatrezept selbst beschafft und verlangt von der Krankenkasse die Erstattung. Die Krankenkassen verweigern die Cannabistherapie mit dem Hinweis darauf, dass eine Cannabisabhängigkeit bestehe.
Eine Klägerin leidet schließlich unter einer Vielzahl von Erkrankungen und möchte Cannabis statt vieler Medikamente. Die Krankenkasse hält die Begründung ihres Arztes nicht für ausreichend. Sämtliche Klagen waren vor den Sozial- und Landessozialgerichten erfolglos. Mit den Revisionen wird unter anderem geltend gemacht, die Krankenkassen würden die Therapiefreiheit der behandelnden Ärzte missachten und überhöhte Anforderungen an die ärztliche Einschätzung stellen. Ein vorheriger Cannabiskonsum sei kein Ausschlusskriterium.
Quelle: Bundessozialgericht