Aufsichtspflicht des Stiefvaters?

1. Januar 2020

Frankfurt/Berlin (DAV). Stiefeltern haben gegenüber den Kindern, die in ihrem Haushalt wohnen, grundsätzlich auch eine Aufsichtspflicht. Dies muss auch nicht ausdrücklich mit dem anderen Elternteil vereinbart werden. Ausnahmsweise kann es allerdings anders sein.

Das gilt dann, wenn geregelt ist, dass nur die leiblichen Eltern endgültige Entscheidungen treffen, sowie Gebote und Verbote aussprechen dürfen. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main vom 11. April 2019 (AZ: 2-03 S 2/18). Üblicherweise wird in Patchworkfamilien vom „kleinen Sorgerecht“ des Stiefelternteils gesprochen, erläutert die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

In dem Fall lebte der zwölfjährige Stiefsohn im gemeinsamen Haushalt mit Mutter und Stiefvater. Der Junge lud via Filesharing illegal ein Computerspiel auf den Computer des Stiefvaters herunter. Der Vermarkter des Labels verlangte von diesem die Abgabe einer Unterlassungserklärung und Zahlung von Schadensersatz und Abmahnkosten. Der Mann gab zu, dass der Junge das Computerspiel heruntergeladen hatte, verweigerte jedoch die Zahlung. Dem Stiefsohn sei das Herunterladen ausdrücklich verboten worden, auch auf Tauschbörsen.

Die Schadensersatzklage beim Amtsgericht scheiterte, weil der Stiefvater keine gesetzliche Aufsichtspflicht übernommen habe. Auch eine konkludente Aufsichtspflicht habe er nicht übernommen, also er habe nicht durch sein Handeln gezeigt, dass er bereit war, die Aufsichtspflicht zu übernehmen.

Das Landgericht wies die Klage des Vermarkters ebenso ab, jedoch mit einer anderen Begründung. Nach seiner Auffassung hatte der Stiefvater sehr wohl die Aufsichtspflicht stillschweigend übernommen. Das Stiefkind wohne schließlich auch in seinem Haushalt. Eine Ausnahme wäre nur dann möglich, wenn der Stiefvater mit der Mutter vereinbart hätte, dass nur die leiblichen Eltern endgültige Entscheidungen treffen würden, wovon auch Gebote und Verbote erfasst seien. Dies habe das Gericht hier nicht feststellen können.

Eine Aufsichtspflichtverletzung liege dennoch nicht vor. Schließlich hätten Mutter und Stiefvater den Jungen bereits im Alter von etwa zehn bis elf Jahren darüber aufgeklärt, dass er nichts Illegales aus dem Internet herunterladen dürfe. Diese Belehrung genüge den Anforderungen der Aufsichtspflicht.

Quelle und Information: www.dav-familienrecht.de


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