Arbeitsplatzaufgabe im Ausland vor Rückzug nach Deutschland nicht sozialwidrig

1. Dezember 2019

Gemäß § 34 SGB II ist derjenige, der vorsätzlich oder grob fahrlässig die Voraussetzungen für einen ALG-II-Anspruch ohne wichtigen Grund herbeiführt, zum Ersatz des deswegen gezahlten ALG II verpflichtet. In dem vom BSG entschiedenen Fall war eine Familie mit deutscher Staatsbürgerschaft unter Kündigung ihrer Arbeitsverhältnisse in Polen nach Deutschland gezogen.

Das Jobcenter stellte mit sogenannten Grundlagenbescheiden fest, die Eheleute hätten durch die Aufgabe ihrer Arbeitsplätze zum Zwecke der Einreise nach Deutschland „sozialwidrig“ gehandelt und sie zum Ersatz des an sie ausgezahlten ALG II verpflichtet. Denn sie hätten sich von Polen aus um neue Arbeitsstellen in Deutschland bemühen können. Mit darauffolgenden sogenannten Leistungsbescheiden setzte das Jobcenter Ersatzansprüche in Höhe von rund 32.000 Euro gegen die Familie fest.

Hatte das SG die Klage der Familie gegen die Grundlagenbescheide noch abgewiesen, gab das LSG der Familie Recht: Ihr Verhalten sei vom Grundrecht auf Freizügigkeit nach Art. 11 Abs. 1 GG gedeckt. Das BSG bestätigte diese Entscheidung. Die Familie habe bereits nicht „sozialwidrig“ gehandelt. § 34 SGB II erfordere eine nach den Wertungen des SGB II besonders zu missbilligende Verhaltensweise. Eine solche liege nicht vor, wenn deutsche Staatsangehörige eine im Ausland ausgeübte Beschäftigung aufgeben und mit ihren Kindern nach Deutschland ziehen, ohne sich zuvor um eine Existenzgrundlage im Bundesgebiet bemüht zu haben.

(BSG, Urteil vom 29.08.2019, B 14 AS 50/18 R)

Quelle: Rechtsanwalt Helge Hildebrandt bei Sozialberatung Kiel


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