Ansprüche gegen Jugendamt bei Ausfall der Hauptbetreuungspersonen

20. Januar 2020

Lüneburg/Berlin (DAV). Eltern können Anspruch auf Unterstützung in einer Notsituation gegenüber dem Jugendhilfeträger haben – so lange, bis sie wieder in der Lage sind, die Erziehungs- und Versorgungsaufgaben zu übernehmen. Außerdem können sie Anspruch auf Hilfe zur Erziehung haben, wenn eine erzieherische Mängellage droht oder vorliegt.

Allein der krankheitsbedingte Ausfall der Mutter und die Berufstätigkeit des Vaters reichen für die Annahme eines Erziehungsbedarfs jedoch nicht aus. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 13. September 2019 (AZ: 10 LA 321/18), wie die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.

Es klagten die Eltern eines 2011 geborenen Kinds. Wegen der komplizierten Schwangerschaft und Geburt litt Mutter an einer Wochenbettdepression und hatte Schwierigkeiten, eine Bindung zu ihrem Sohn aufzubauen. Aufgrund dieser gesundheitlichen Einschränkung war sie nicht in der Lage, ihren Sohn zu versorgen. Der Vater selbst konnte dies aufgrund seiner Berufstätigkeit nicht übernehmen.

Da es auch keine anderen Familienangehörige gab, die das Kind hätten versorgen können, gewährte der Jugendhilfeträger den Eltern bis 2014 Hilfe für die Betreuung und Versorgung des Kinds in einer „Notsituation“ und bis 2016 die Kosten für eine Haushaltshilfe als „Hilfe zur Erziehung“. Eine weitere Unterstützung danach lehnte er ab, da keine vorübergehende Krisensituation mehr vorliege. Man könne auch nicht feststellen, dass das Wohl des Kinds nicht gewährleistet sei. Dagegen klagten die Eltern.

Sie scheiterten mit ihrer Klage beim Verwaltungsgerichtshof. Das Verwaltungsgericht in Hannover hatte noch einen Anspruch angenommen. Es befürchtete, dass ohne Fremdbetreuung dem Kind eine erzieherische Mangelsituation drohe. Dies konnte die nächste Instanz jedoch nicht feststellen.

Der krankheitsbedingte Ausfall der Mutter und die Berufstätigkeit des Vaters reichten alleine nicht aus, um einen erzieherischen Bedarf festzustellen. Das Gericht differenzierte dabei zwischen der Hilfe zur Erziehung bei Drohen oder Vorliegen erzieherischer Mängel einerseits und andererseits der Versorgungbetreuung von Kindern in Notsituationen. Bei Letzterem müsse kein erzieherischer Bedarf vorliegen.

Eine Notsituation habe nur in der ersten Zeit nach der Geburt bestanden. Eine defizitäre erzieherische Situation des Kinds konnte das Gericht nicht feststellen. Es liege keine mangelhafte Erziehungssituation des Jungen vor. Liege lediglich ein Mangel im Bereich der Betreuung und Versorgung eines Kinds vor, bestehe kein erzieherischer Bedarf.

Information und Quelle: www.dav-sozialrecht.de – Deutscher Anwaltverein


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