Das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken hat entschieden, dass das Land Rheinland-Pfalz als Schulträger nicht für gezahlte Projektkosten und Reisekosten haftet, wenn Schüler eine außerhalb der Schulzeit und des Schulgeländes stattfindende Schulveranstaltung abbrechen und vorzeitig eine kurzfristig selbstorganisierte Heimreise antreten.
Zwei Schülerinnen nahmen an einem Schulprojekt teil, welches außerhalb der Schulzeit und außerhalb des Schulgeländes stattfand. Das Schulprojekt hatte die Zielsetzung, die Eigenverantwortlichkeit der Schüler zu stärken. Es schloss aber auch die Möglichkeit eines Scheiterns ein, denn die teilnehmenden Schüler sollten zwar unterstützt durch die Schule, aber im Wesentlichen eigenständig, einen mehrtägigen auswärtigen Aufenthalt organisieren und dort dann während der Projektdauer sinnvolle Tätigkeiten ausüben. Die Schülerinnen hatten für ihr Projekt mit Hilfe eines Veranstalters einen Aufenthalt in Estland geplant.
Nach der Ankunft in Tallin und einer Übernachtung dort, bestiegen die beiden jedoch am folgenden Morgen nicht wie geplant den Bus, der sie in das Camp bringen sollte, in dem das weitere Projekt durchgeführt wurde. Vielmehr flogen die Schülerinnen kurzfristig organisiert nach Deutschland zurück. Wieder zuhause angekommen haben die Schülerinnen die Projekt- und die Reisekosten klageweise gegen das Land Rheinland-Pfalz als Träger ihrer Schule geltend gemacht. Sie haben vorgebracht, dass der das Schulprojekt betreuende Lehrer am Morgen vor der Abfahrt des Busses zunächst nicht erreichbar gewesen sei, eine Verständigung mit dem Betreuer vor Ort wegen der Sprachbarriere zudem nicht gelungen sei und die Projektgruppe vor Ort mit 40-50 Mädchen zu groß gewesen sei.
Das Landgericht Landau in der Pfalz hat die Klagen abgewiesen. Hiergegen haben die Schülerinnen jeweils Berufung eingelegt.
Der 9. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken hat in einem Hinweisbeschluss ausgeführt, dass der das Schulprojekt betreuende Lehrer und auch die Schulleitung der Schule der Mädchen keine Amtspflicht verletzt hätten. Aus dem Vorbringen der beiden Schülerinnen ergebe sich keine konkrete Amtspflicht, die hätte verletzt werden können. Weiter sei nicht ersichtlich, welches Verhalten der Schulleitung oder des zuständigen Lehrers gegen eine etwaig bestehende Amtspflicht überhaupt verstoßen habe. Der Umstand, dass sich die Schülerinnen den mit einer solchen Reise verbundenen sowie auch nicht immer vorhersehbaren, aber allgemein zu erwartenden Herausforderungen nicht gestellt und die Heimreise vorzeitig angetreten hätten, sei nicht völlig fernliegend, könne der Schule jedoch nicht angelastet werden. Im Übrigen beinhalte ein solches Projekt grundsätzlich auch ein Scheitern der Teilnehmer.
Die Schülerinnen haben hierauf ihre Berufungen zurückgenommen. Das Urteil des Landgerichts ist damit rechtskräftig.
Verfahrensgang:
Landgericht Landau in der Pfalz, Urteil vom 22. Februar 2023, 3 O 206/20
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken, Beschluss vom 11. Oktober 2023, 9 U 86/23
Wichtige Gesetzesvorschriften für die Entscheidung:
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – § 839 Haftung bei Amtspflichtverletzung
(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
Quelle: Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken