Beitrag zur ehelichen Lebensgemeinschaft

24. Januar 2023

Die bloße Zahlung eines monatlichen Betrages an die Antragstellerin begründet an sich bereits keinen Beitrag zur ehelichen Lebensgemeinschaft. Eine solche setzt vielmehr die wechselseitige Übernahme persönlicher Verantwortung voraus.

Die Beteiligten haben im Jahr 2020 vor dem Standesamt in Frankenthal die Ehe miteinander geschlossen. Die Antragstellerin ist deutsche Staatsangehörige, der Antragsgegner ist türkischer Staatsangehöriger. Aus der Ehe sind keine gemeinsamen Kinder hervorgegangen. Die Antragstellerin ist Mutter einer minderjährigen Tochter. Die Antragstellerin begehrt die Aufhebung der Ehe gem. § 1314 Nr. 5 BGB. Es handele sich um eine Scheinehe. Sie behauptet, zu keinem Zeitpunkt mit dem Antragsgegner eine gemeinsame Ehewohnung innegehabt zu haben. Vielmehr habe die Antragstellerin mit ihrem ehemaligen Lebensgefährten in ihrer Wohnung in (…) gewohnt.

Die Ehe mit dem Antragsgegner sei derart zustande gekommen, dass der Onkel des Antragsgegners, und gleichzeitig Chef ihres ehemaligen Lebensgefährten, auf sie zugekommen sei, mit der Bitte, den Antragsgegner zu heiraten, damit dieser eine Aufenthaltserlaubnis erhalte. Die Antragstellerin habe der Eheschließung zugestimmt und im Gegenzug dafür einen monatlich laufenden Betrag in Höhe von 500,00 Euro erhalten.

Der Antragsgegner meint, dass eine Scheinehe zwischen den Beteiligten nicht vorgelegen habe. Der Antragsgegner habe nicht in der gemeinsamen leben können, da er die Asylunterkunft, in welcher er sich zu diesem Zeitpunkt befunden habe, nicht habe verlassen dürfen. Später sei der Antragsgegner dann zur Antragstellerin gezogen. Der Betrag in Höhe von 500,00 Euro monatlich sei Haushaltsgeld seitens des Antragsgegners gewesen, damit die Antragstellerin ihre Einkäufe von diesem Geld habe tätigen können. Die Antragstellerin stelle den Antrag auf Eheaufhebung nur, da sie von ihrer Familie unter Druck gesetzt werde. Da die Familie von Anfang an gegen die Ehe gewesen sei, solle die Aufhebung der Ehe der Wiederherstellung der Familienehre dienen

Das Amtsgericht – Familiengericht – Frankenthal hat die Ehe aufgehoben.

Aus den Entscheidungsgründen:

(…) Gemäß § 1314 Absatz 2 Nr. 5 BGB kann eine Ehe aufgehoben werden, wenn beide Ehegatten sich bei der Eheschließung darüber einig waren, dass sie keine Verpflichtung gemäß § 1353 Absatz 1 BGB begründen wollen.

Der Gesetzgeber hat mit der Abfassung des § 1353 Absatz 1 BGB klargestellt, dass die Ehe eine Verantwortungsgemeinschaft ist. Der Kernbereich der ehelichen Lebensgemeinschaft wird auf solche Pflichten beschränkt, die sich auf gegenseitige eheliche Verantwortung der Ehegatten füreinander zurückführen lassen. Demnach sind Beistand, Hilfe, Fürsorge und Rücksichtnahme in personaler und vermögensrechtlicher Hinsicht die als solche unabdingbaren, der Verfügungsgewalt der Ehegatten entzogenen Mindestinhalte einer ehelichen Lebensgemeinschaft (vgl. BGH, FamRZ 2002, 317).

Entscheidend ist, ob die angestrebten Beziehungen bei einer Gesamtbetrachtung der Vorstellungen des Paares und unter Berücksichtigung der Gesamtumstände als gegenseitige Übernahme von Verantwortung zu bewerten ist. Die Beziehungen der Ehegatten dürfen und werden in aller Regel über Beistand, Fürsorge und Rücksichtnahme hinausgehen, sie dürfen aber nicht hinter den genannten Anforderungen zurückbleiben. Auch wird man es nicht genügen lassen können, dass ein Ehegatte dem anderen in finanzieller Hinsicht Beistand leistet, aber keinerlei Verantwortung im personalen Bereich übernehmen will (juris- § 1314 Aufhebungsgründe, Kommentierung, § 1314 Aufhebungsgründe, Roth, Erman BGB, 16. Aufl., § 1314 Rn. 12 b ff.).

(…) Aus Sicht des Gerichts ergibt sich bereits aus den Ausführungen der Beteiligten, zum Zweck der Eheschließung, dass keine Verpflichtungen gemäß § 1353 Absatz 1 BGB begründet werden sollten; dies weder aus Sicht der Antragstellerin, noch aus Sicht des Antragsgegners. Unstreitig zwischen den Beteiligten ist zudem, dass der Antragsgegner monatlich Zahlungen an die Antragstellerin geleistet hat. Selbst wenn dieses Geld aus Sicht des Antragsgegners als Haushaltsgeld für die Antragstellerin bestimmt gewesen sein sollte, so reicht es gerade nicht aus, dass ein Ehegatte dem anderen in finanzieller Hinsicht Beistand leistet, aber keinerlei Verantwortung im personalen Bereich übernehmen will.

Auf weiteres Nachfragen erklärte der Antragsgegner zu dem Kind der Antragstellerin, dieses nicht näher zu kennen, was ebenso eine Beziehung der Beteiligten auf Basis von Beistand, Hilfe, Fürsorge und Rücksichtnahme ausschließt. Aufgrund einer Würdigung der Gesamtumstände ist das Gericht zur Überzeugung gelangt, dass die Ehe der Beteiligten zu dem Zweck geschlossen wurde, dass der Antragsgegner einen Aufenthaltstitel erlangt. Hierfür sprechen die damaligen Lebensumstände und Gesamtumstände der Beteiligten. (…)

Quelle: Amtsgericht Frankenthal – 71 F 11/22 – Beschl. v. 27.12.2022


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