Hamburg/Berlin (DAV) Die Pflicht, eine Rettungsgasse zu bilden, gilt nur auf Autobahn und Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen. Sie gilt nicht innerstädtisch, dort kommt es auf den Einzelfall an. Will jemand nach links ausweichen, um eine Rettungsgasse zu bilden und kollidiert dort mit dem überholenden Einsatzfahrzeug, haftet er zu 40 %.
Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom 18. Februar 2022 (AZ: 306 O 471/20).
Der Kläger stand auf der linken von zwei Fahrspuren vor einer roten Ampel. Links neben ihm gab es eine schraffierte Sperrfläche. Als sich von hinten ein Einsatzfahrzeug der Polizei mit Martinshorn und Blaulicht näherte, wollte er eine Rettungsgasse bilden. Dafür fuhr er nach links auf die schraffierte Fläche. Er übersah dabei, dass das Polizeifahrzeug die Kolonne bereits links über die Sperrfläche überholte. Es kam zu einem Unfall, die Haftung war insgesamt streitig. Der Kläger meinte, den Schaden ersetzt zu bekommen, da der Polizeiwagen falsch überholt hätte.
Das Landgericht ging von einer Haftung für den gegnerischen Schaden zu je 40 % aus. Gegen den Kläger sprach, dass er grundsätzlich verpflichtet sei, „freie Bahn“ für Einsatzfahrzeuge zu schaffen. Durch seine Fehleinschätzung im Hinblick auf die Rettungsgasse, habe er eher ein „plötzliches Hindernis“ geschaffen. Er sei irrtümlich davon ausgegangen, dass die Vorschrift für Rettungsgassen auch innerorts gelten würden. Dabei hätte er ohne weiteres erkennen können und müssen, dass sich das Einsatzfahrzeug bereits links von ihm befand, um die Kolonne überholen. Die Polizei musste sich entgegenhalten lassen, dass sie zu schnell über die Sperrfläche gefahren sei, zumal sich diese sich vor einer Verkehrsinsel noch weiter verjüngte. Daher hätte sich der Fahrer mit nur geringer Geschwindigkeit, im Zweifel Schrittgeschwindigkeit, in den Kreuzungsbereich hineintasten müssen.
Quelle und Information: www.verkehrsrecht.de