Hamm/Berlin (DAV). Bei einer Reflexhandlung wegen eines Wildtiers kann man Schadensersatz verlangen, wenn es sich um ein größeres Tier wie ein Reh handelt. Der Beweis für einen Ausweichunfall ist dann auch dann erbracht, wenn sich der Zeuge hinsichtlich des Abstandes und der Geschwindigkeit verschätzt.
Ein Ausweichen ist vor allen Dingen dann nicht grob fahrlässig, wenn eine schwangere Fahrerin einem über die Fahrbahn laufenden Reh ausweichen wollte. Man erhält dann Schadensersatz, entschied das Oberlandesgericht Hamm am 7. Oktober 2020 (AZ: 20 U 128/20), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.
Der Anspruch ist berechtigt, entschied das Gericht und gab der Klage statt. Zwar trage der Geschädigte die Beweislast, dass eine Kollision mit einem Reh unmittelbar bevorstand. Schildert allerdings ein Zeuge detailliert und lebensnah den Sachverhalt, so reiche dies aus. Selbst wenn er hinsichtlich der Geschwindigkeit und des Abstandes falsche Angaben macht, ist der Beweis für einen bevorstehenden Wildunfall erbracht. Falsche Schätzungen machen die Zeugenaussage nicht unglaubwürdig.
Auch ein „reflexartiges Verreißen“ des Steuers, um die Kollision mit dem Reh zu verhindern, wäre nicht an sich grob fahrlässig. Dies sei nur dann der Fall, wenn es sich um ein kleines Tier handelt. Bei einem größeren Wildtier sei es jedoch zulässig, so das Gericht. Das Gericht betonte auch, dass die Fahrerin schwanger war. Sie habe befürchten dürfen, „bei einem Frontalzusammenprall mit einem Reh durch die angelegten Sicherheitsgurte womöglich Schäden an dem ungeborenen Kind“ zu verursachen. Daher besteht ein Schadensersatzanspruch.
Quelle: Information: www.verkehrsrecht.de