Einem Maurergesellen kann die Ausübungsberechtigung für das Maurer- und Betonbauerhandwerk versagt werden, wenn er – neben einer notwendigen sechsjährigen Berufserfahrung, davon vier Jahre in leitender Stellung – keine betriebswirtschaftlichen, kaufmännischen und rechtlichen Kenntnisse nachweisen kann. Dies entschied das Verwaltungsgericht Koblenz und wies eine entsprechende Klage eines Maurergesellen ab.
Der Kläger arbeitete mehrere Jahre, unter anderem als Polier, für mehrere Bauunternehmungen und beantragte Anfang des Jahres 2019 eine Ausübungsberechtigung – die Erlaubnis, ein Gewerbe ohne Meisterbrief zu betreiben – für sein Handwerk. Diesen Antrag wies die Handwerkskammer mit Verweis auf die nicht nachgewiesene, gesetzlich vorgeschriebene mindestens vierjährige Berufserfahrung in leitender Stellung ab.
Nach erfolglosem Widerspruch verfolgte der Kläger sein Begehren im Klageverfahren weiter und trug vor, er habe mindestens vier Jahre Berufserfahrung in leitender Stellung gesammelt. Aus diesem Grund sei ihm die Ausübungsberechtigung zu erteilen. Dem folgten die Koblenzer Richter nicht und wiesen die Klage ab. Zwar sei der Kläger viele Jahre in einem Betrieb leitend tätig gewesen. Dieser Betrieb sei hingegen im Laufe der Zeit personell deutlich verkleinert worden und der Betriebsinhaber habe, nachdem er einige Jahre einen maßgeblichen Teil der Betriebsgeschäfte an den Kläger als seine „rechte Hand“ delegiert habe, zuletzt wieder mehr Leitungsverantwortung übernommen.
Für diesen Zeitraum habe von einer leitenden Stellung des Klägers nicht mehr ausgegangen werden können. Ungeachtet dessen habe der Kläger keine betriebswirtschaftlichen, kaufmännischen und rechtlichen Kenntnisse nachweisen können. Zwar gehe das Gesetz vom Vorhandensein solcher Kenntnisse aus, wenn der Geselle Berufserfahrung in leitender Stellung erlangt habe. Die gesetzliche Regelvermutung, so das Verwaltungsgericht, könne jedoch in atypischen Fällen widerlegt werden, wenn keinerlei Anhaltspunkte für die Erlangung entsprechender Kenntnisse vorlägen.
Dies sei hier der Fall. Der Kläger habe, was er auch in der mündlichen Verhandlung bestätigt habe, nahezu ausschließlich auf den jeweiligen Baustellen gearbeitet und auch aus den von ihm vorgelegten Unterlagen und den Verwaltungsakten ergäben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass er sich betriebswirtschaftliche, kaufmännische und rechtliche Kenntnisse während seiner beruflichen Tätigkeit oder auf andere Weise, z. B. durch Lehrgänge, angeeignet habe.
Gegen diese Entscheidung können die Beteiligten die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragen.
Quelle: Verwaltungsgericht Koblenz, Urteil vom 4. August 2020, 5 K 52/20.KO